Der Knoten ist geplatzt

15. May 2008

Im Jahr 2007 wurde der endgültige Beschluss zur Realisierung von Stuttgart 21 gefällt. Damit sind alle Zweifel beseitigt, und die Grundstücksvermarktung geht seither Schlag auf Schlag. So sicherten sich beispielsweise das Bankhaus Wölbern, die Fay-Gruppe und Reiß & Co. Grundstücke.

Stattliche neun Hektar Nettobauland umfasst das einzige bereits geräumte und damit verfügbare Teilgebiet von Stuttgart 21 direkt hinter dem Stuttgarter Hauptbahnhof. Es wird von DB Services Immobilien direkt vermarktet, die restlichen rund 90 Hektar Bruttofläche von Stuttgart 21 hat die Stadt erworben. Sie stehen erst in einigen Jahren zur Vermarktung an, wenn die Gleise abmontiert sind und die Züge Stuttgart im Tunnel unterqueren.

Sehr früh bekannte sich die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) zum Standort und sicherte sich zusammen mit iherer Tochter Südleasing vier Parzellen um den Pariser Platz im Anschluss an ihre bestehende Hauptverwaltung. Diese Grundstücke sind bebaut, die Immobilien mittlerweile bezogen.

Der hohe Wohnanteil, den die neuen Investoren planen, wird dazu führen, dass sich ein lebendiges und urbanes Viertel entwickelt und keine abends ausgestorbene Bürostadt – denn genau das befürchteten viele. Deshalb sieht der Bebauungsplan vor, dass auf den Parzellen zehn bis 13 in der Summe 50 Prozent Wohnungen gebaut werden müssen. Besonders Stuttgarts Bau-Bürgermeister Matthias Hahn lag dies sehr am Herzen.

Aktuell läuft das Bieterverfahren für die Parzellen sechs, acht und neun, das im Herbst abgeschlossen sein soll. Auf diesem Teilgelände war einst das Einkaufszentrum Galeria Ventuno geplant. Doch nachdem der Erwerber den Kaufpreis nicht bezahlen konnte, fielen die Grundstücke an die Bahn zurück. Dem Vernehmen nach beteiligen sich am Bieterverfahren etliche große Projektentwickler. In der Vergangenheit hatten beispielsweise sowohl die ECE als auch die MFI Interesse an den Grundstücken gezeigt.

Von den noch vier unverkauften Parzellen kann nur das dreieckige Grundstück an der Wolframstraße und dem Budapester Platz sofort bebaut werden. Mit knapp 1.500 Quadratmetern ist Parzelle 15 zwar die kleinste des Baufeldes, allerdings ist es ein Hochhausgrundstück, das für alle Nutzungen zugelassen ist. Parzelle vier schließt sich mit rund 13.800 Quadratmetern an das Hochaus der LBBW an. In prominenter Lage an der Hauptverkehrsachse Heilbronner Straße sind rund 68.000 Quadratmeter Bruttogrundfläche möglich. Allerdings kann das Grundstück aktuell nur etwa zur Hälfte überbaut werden, da die Tunnelröhre für die Sadtbahn noch gebaut werden muss. Daran schließt sich Parzelle fünf mit einer Fläche von fast 1.800 Quadratmetern an. Das Hochhausgrundstück hat eine Geschossflächenzahl von 10,5 und kann ebenfalls erst nach Vollendung der Stadtbahn bebaut werden. Parzelle zwölf mit 10.216 Quadratmetern liegt an der künftigen Athener Straße, entlang des heutigen Gleiskörpers. Die Bahn benötigt es für die Baulogistik des Verkehrsprojekts. Aus heutiger Sicht – doch das kann sich schnell um einige Jahre nach hinten verschieben – kann es erst nach 2020 bebaut werdern.

Für die anderen Grundstücke gibt es bereits Käufer und konkrete Pläne. An der Ecke Heilbronner und Wolframstraße planen das Bankhaus Wölbern aus Hamburg und die Schwäbische WohnungsAG aus Stuttgart ein rund 60 Meter hohes Gebäude mit einem großen Anteil an Wohnungen. Zur Zeit wird dazu ein Architektenwettbewerb vorbereitet.

Zwischen der Bibliothek der Stadt Stuttgart und dem Stockholmer Platz will die Fay-Gruppe aus Mannhiem rund 16.500 Quadratmeter realisieren. Vorgesehen sind überwiegend Büros, dazu Geschäfte und ein Restaurant. Am 18. Juli 2008 soll die Entscheidung im Architektenwettbewerb fallen.

KSP Engel und Zimmermann und Maier Neuberger Projekte wurden im März als Sieger eines Wettbewerbs von Reiß & Co. Real Estate präsentiert. Auf dem Baufeld des Münchener Investors sind insgesamt 32.000 Quadratmeter Bruttogrundfläche geplant, davon 75 Prozent Wohnen. Entwickler Oliver Reiß plant 250 Mietwohnungen, eventuell werden auch 50 Einheiten als Eigentumswohnungen angeboten. Dann will Reiß das Gesamtprojekt an einen Investor veräußern. Zu den Gleisen hin ist ein Büroriegel vorgesehen.

Auch LBBW Immobilien baut eine neue Hauptverwaltung auf Stuttgart 21 und verstärkt damit die Präsenz des Bankkonzerns. Allerdings wollte die Gesellschaft sich bewusst von der Blockstruktur der Mutter LBBW abgrenzen.

Eine Jury unter Vorsitz von Wolfgang Riehle, dem Präsidenten der Architektenkammer Baden-Württemberg, entschied sich für den Entwurf des Architekturbüros Krüger Schuberth Vandreike aus Berlin. Neben Bau-Bürgermeister Matthias Hahn saßen mehrere Vertreter des Gemeinderats in der Jury. Ein kluger Schachzug des Bauherrn, denn so dürften wohl von politischer Seite wie von der Verwaltung keine Widerstände zu befürchten sein.

Das geplante Gebäude ähnelt einem Tortenstück. Die schmalste Seite öffnet sich zum Pariser Platz. Dort kommt neben dem Haupteingang auch Gastronomie unter. Das Erdgeschoss ist nahezu komplett für öffentliche Nutzungen vorgesehen, anders als die bisherigen LBBW-Bauten.

Auch das Immobilienunternehmen plant Wohnungen, rund 6.200 Quadratmeter sind vorgesehen. Diese befinden sich nicht, wie sonst üblich, in den Obergeschossen, sondern im gesamten Bauteil Richtung Bibliothek des 21. Jahrunderts. Nach dem Entwurf von Krüger Schuberth Vandreike wird der zweite, größere Innenhof als Wohnhof gestaltet. Hans Strudel, Vorsitzender der LBBW-Geschäftsführung, macht keinen Hehl daraus, dass er lieber nur Büros gebaut hätte, doch hier konnte sich wohl der Bau-Bürgermeister durchsetzen.

Auf rund 40 bis 45 Millionen Euro veranschlagt Strudel die Baukosten. 2010 soll das Gebäude die dann rund 500 Mitarbeiter von LBBW Immobilien aufnehmen. Da 18.300 Quadratmeter Bürofläche entstehen, hat das Unternehmen Wachstumsreserven. Diese Flächen dürften anfänglich vermietet werden. Wachsen will LBBW Immobilien im Bereich Projektentwicklung, hier sollen bis 2010 bis zu 100 Mitarbeiter hinzukommen. Offen ist im Übrigen auch noch, ob LBBW Immobilien das neue Hauptquartier in den eigenen Büchern behält. Möglich ist eine Realteilung zwischen dem Büro- und Wohnteil und damit ein teilweiser Verkauf.

Quelle: Immobilienmanager Ausgabe 05/2008 (Special Region Stuttgart)

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